TrampTour zu DEUTSCHE AKTIONSTAGE NACHHALTIGKEIT 2014
Lebens - Geschichten
ab 12:30 stehen wir an der Autobahnraststätte Gräfenhausen
julakim ist nicht sicher, ob es die richtige Richtung ist,
die Richtung stimmt, die ist nach Norden, nur die Autobahn die macht mir Sorgen,
sie führt nicht direkt nach Köln, ach Mist
Wir müssen auf die A3, doch wie
da steigt Jula aus nem Taxi.

So schnell aufgeben bevor wir mit dem trampen angefangen haben, wollt Birgit nicht.
Jula grinst denn der selbstständige Taxifahrer Aman nimmt uns für Umme mit, lässt uns an der Tanke beim Flughafen raus, ein erfahrener sonnengebräunter Tramper hilft uns. Neun Jahre Trampererfahrung sind da sehr nützlich.
„Nehmt ein Pappeschild – das findet ihr da im Altpapiercontainer - kommt her, ich zeig's euch! - nehmt das, ich schneid's euch ab, schreibt Köln darauf und stellt euch da hin- keine halbe Stunde und ihr seid weg!“ Gesagt getan, in der Zeit vertan, Birgit konnte kaum ein Foto von Jula mit Pappschild machen, da saßen wir schon im Auto von Frank, der bei Fraport arbeitet und auch früher getrampt ist.
Frank mag gute Musik, wir hören „Beds are burning“ von Midnight Oil und „Sometimes“ von Rea Garvey, der auf dem Boden geblieben sei und den man häufiger in den Geschäften von Limburg sieht. Frank hat einen Sohn von 14 Jahrn und dann sind wir auch schon da...
In Limburg an der Raststätte warten wir ein bisschen, stehen an der Ausfahrt und sonnen uns. LKW- Fahrer entschuldigen sich, dass sie vor Köln noch schlafen müssen, wie zuvorkommend ist das denn bitte?!. Bis Yunus und sein persönlicher Chauffeur Christoph aus Groß-Gerau anhalten und uns bis nach Köln fahren. Was macht ein Groß-Gerauer in Köln? Und warum Chauffeur? Yunus hat wegen Alkohol am Steuer zum dritten Mal seinen Führerschein verloren, auch in Darmstadt ist das mal passiert. Da er bei IKEA arbeitet und in Köln wohnt, beauftragt er seinen Freund ihn zu fahren. Das ist aber nett. Christoph hört auf als Jula sagt sie sei Architektin. Er hat sich ein Grundstück in Groß-Gerau gekauft und möchte etwas ungewöhnliches nach seinem Lebensstil darauf bauen. Er hat großes Interesse, was Jula denn so vorschlägt und was sie schon gemacht hat. Mal schauen was draus wird.

In Köln setzen wir uns ganz ordinär in eine Straßenbahn und fahren zu Lale. Lale ist Köln und Köln ist Lale...
Am nächsten Tag mit StraBa nach Köln Hürth zum Getrudenhof. Peter Zens hat eine schöne Einkaufszeile am Hof eingerichtet und daneben ein offenes Food-Sharing Regal, das nicht nur von ihm gefüllt wird. So kann man sich nach dem Einkauf gleich noch mehr einstecken. Das System spricht sich rum und ist nicht geschäftsschädigend. Für Kinder macht er auch sehr viel, 800 Führungen mit Kindergruppen im Jahr. Eine KiTa Truppe mit Herzkartoffeln kommt und malt ihre Fundstücke auf das Laken. Jula singt VOM GEGACKER DER WELT. Wir sind den ganzen Tag da und genießen den Streichelzoo, den großen Spielplatz, die Sonne und versuchen von TV total gefilmt zu werden. Leider sind wir nicht in ihrem Musikvideo vorgesehen, sehen doch aber besser aus als das ältere sich dauernd schlagende Pärchen, oder?

Was es nicht alles Nachhaltiges in Köln gibt, ist nicht zu fassen. Einen Kleiderkreisel, ein CoLabor mit nur nachhaltigen Berufsgruppen, ein Nachbarschaftsfest Ende August und Ende September in Ehrenfeld, nachhaltige Büroartikel, nachhaltigen Wein, eine nachhaltige Hochschule Ecosign und und und... wir hoffen das WorldWideBlanket wird als Aktion in einigen dieser Einrichtungen bekannt und durchgeführt.
Am nächsten Tag fahren wir zum Weinberg auf die Finkenbergstraße in Bonn-Limperich. Köln hat einen wunderschönen zweiten grünen Gürtel, neben dem Grüngürtel, und zwar den Militärgürtel. Den liefen wir fast komplett ab und hatten nur Feld und Wiesen rechter Hand. An der Tankstelle angekommen suchten wir unser Schild mit Bonn darauf und Peter spricht uns von hinten an. „Wo wollt Ihr denn hin? Ich hole mir einen Kaffee und dann nehme ich Euch mit!“. Auch er ist früher getrampt und tingelt nun mit seinem Auto von einer Druckerei zur nächsten, weil er die Druckmaschinen wartet. Er ist ein Globetrotter und sucht sich ab jetzt nur für ihn unbekannte, interessante Länder , um dann 80% zu Arbeiten und 20% Frei zu haben, um das Land kennenzulernen. Er fährt uns direkt in die Straße unserer nächsten nachhaltigen Veranstaltung.

In Bonn-Limperich suchen wir erstmal den etwas versteckten Weinberg. Niemand der netten Herren weiß etwas davon, dass sie eine Führung in den Kalender des Rats für nachhaltige Entwicklung eingetragen haben, was soll's, die Herren führen uns trotzdem und lassen die Damen arbeiten. Der jahrelange Stolz über den eigenen Weinberg dringt aus jeder Pore und zum Schluss aus dem Wein selber. Das gute Stöffsche schmeckt raff, was wohl an der Traube Regent liegt, aber lecker. Die Herren und auch Damen betrieben im wahrsten Sinne des Wortes Kulturarbeit auf dem Gelände. 922 wurde der Weinberg am Frankenberg als erstes erwähnt und eine 60 Jahre alte Weinrebe wird stolz erhalten und gepflegt. Es ist der nördlichste Weinberg Deutschlands, der am Rheingraben liegt.
Es ging wieder zurück zu Lale nach Köln. Sabine und Sascha waren im deutsch-schweizer WM - fieber und pflügten uns von der Straße auf. Ihr Mann und Papa wurde vom Bahnhof abgeholt, er war nur nicht so schön geschminkt wie sie. Deutschland - Deutschland auch wir durften das Spiel nicht verpassen und Jula gab zusammen mit Carmen, die seit zweit Wochen Ukulele spielt ein kleines Standup Konzert für die ermüdeten Fans auf dem Brüssler Platz.

Es ging weiter nach Castrop-Rauxel. Wo zum Henker liegt das? Irgendwie auf die A1 Richtung Dortmund und dann... Der Einstieg war sehr schwer, die Stelle ein wenig unglücklich, ein Auto konnte schwer an der Auffahrt halten und wir waren kurz davor enttäuscht zur Bahn zu laufen, aber dann, dann kam Steffi. „Bei mir seid ihr vollkommen sicher, ich bin Justizvollzugsbeamtin“ na dann. Steffie hat zwei ältere Kinder die gerade ihren Berufsweg einschlagen und Hausarbeiten nicht sehr spannend finden. Als wir ihr erzählten, dass wir wegen den Aktionstagen Nachhaltigkeit durch Deutschland trampen, meint sie, da sitzt ihr hier genau richtig. Wir waren in einem Biogaspanda, 83 Cent kostet zurzeit ein Kilo biogas und seit zwei Jahren hat sie ihn und bereut den Kauf nicht. Noch acht Jahre werden Biogasfahrzeuge bezuschusst. Auf der Raststätte Remscheid lässt sie uns raus.
Kaum laufen wir zu unserem gewohnten Platz an der Auffahrt, wo Autos gut stehen bleiben können, spricht uns Michel an, der sein volles Auto für uns in Windeseile umschichtet, so dass wir Platz darin haben. Michel kommt aus dem Sauerland und hat eine kleine Familie. Er fährt berufsbedingt oft Auto. Er hat mal THeraphosa Blondi, eine der größten Vogelspinnenarten gezüchtet. Eine Wackelkakerlake zeichnete ihn als Kammerjäger aus. Spannende Geschichten von Skorpionen am Flughafen, Kakerlaken in jedem zweiten Restaurant und große Spinnen reihten sich ein. Und nun wechselt Jula schnell das Thema, weil sie kurz zuvor eine äußerst ungewöhnliche Spinne, 4cm Durchmesser auf ihrer Schulter hatte, die sie elegant mit einem Becher aus dem Auto beförderte. Mannomann was eine Selbstbeherrschung. Auch Michel wars etwas peinlich, weil er wohl häufiger von der Arbeit etwas mitbringt... Michel setzte uns direkt vor dem Fest des Guten Lebens (Anlehnung ans BuenVivir) in Castrop-Rauxel ab. Wir waren drei Stunden zu früh da und genossen die spielenden Kinder, die ihren Tag des Guten Lebens feierten.
julakim stand auf der Bühne und diesmal gar mit zwei Hulahubtänzerinnen , so hat sie nicht nur neue Fans im fernen Castrop-Rauxel sondern auch künstlerische Unterstützung gefunden. Viele malten unser Laken fertig und sprachen mit uns über Nachhaltigkeit und Weltveränderung. Die FoodSharing Gruppe aus Bochum hat ein leckeres Essen gekocht und die vegane Curry-Wurst war auch nicht zu verachten. Es war so schön viel Zeit zu haben und sie mit so spannenden Leuten zu teilen. Einige davon werden wir in Berlin wiedersehen. Martin nahm uns mit zu sich nach Hause. wir hatten einen vergnügten Abend mit seiner Frau Martina und ihm. Morgens gab das größte Frühstück, dass ich jemals gesehen habe, ich dachte schon Frühstücken wäre ausgestorben, was war ich froh, und als Nachtisch ein Calvados Tiramisu mit Äpfeln, da war Jula froh – und Martina auch!

Martin fährt uns dann ein weites Stück bis zur Raststätte Lüdenscheid, der Arme. Nach längerem Warten übt julakim auf ihrer Gitarre und bekommt einen rumänischen Fan, der ihr begeistert zuhört. In Rumänien werden alle sofort mitgenommen, da muss man nicht so lange warten wie in Deutschland, der Kerl frustriert uns zunehmend und bietet seinen LKW an, wenn wir nass werden. Ach, da sitzen wir bei Regen doch auch mal unter unserem Tarp, hören Katis tolle Musik und werden von dem Kasachen Ludwig, der „Feuerwehr“, mitgenommen. Er rettet immer in der Not, meint er und das waren wir ja auch. Der charmante Kasache erzählte von seinen Liebschaften in der Schule und seiner Schweißerkunst. Er ist auf dem Weg zu einem Schweißertreffen in der Nähe von Wetzlar, wo er dann von der Autobahn abfährt, um wieder aufzufahren. Er ist einen ganz großer Umweg für uns gefahren. Vielen Dank.
Von einer Thailänderin, die seit fünf Jahren in Deutschland lebt, werden wir bis zu einer Raststätte mitgenommen. Sie kam wegen einem Mann hierher und hat Deutsch nur im praktischen Tun gelernt, sie spricht viel mit den Leuten und ist die Chefin von drei verschiedenen Thai-Massage Praxen, eine davon in Wetzlar.
Nach einem Toilettengang von mir nimmt uns wieder ein Kasache mit. Er war auch Schweißer und ist nun in Rente und in Kur. Er hat drei Kinder und fünf Enkel und seine Frau sieht ihn nur im Dunkeln nackt. Jula erklärt ihm die Technik seines neuen Autos- Lüftung an, Musik aus.... er fährt mit seinem neuen Auto in seine Heimat Tübingen, so dass er uns ohne Probleme auf der Raststätte Gräfenhausen raus lassen kann. Kurz vorher fallen dem alten Mann doch alles aus seinem Gesicht, ja wie kann man denn als Frau eine Frau lieben, das kennt er wohl nur aus schlimmen Filmen, der Arme.
Eine Stunde später bin ich mit einer Blase am Fuß zu Hause und Jula fährt mit dem Bus nach Darmstadt. Seufz, wie tut die Badewanne gut, gekrönt mit einem Fußballspiel.

Am nächsten Tag kommt Rose vorbei und fährt uns mit dem Auto nach Mainz in den Naturschaugarten Lindenmühle am Mühlweg. Ein kleines grünes Eiland, eine Erholoase zum flüchten, mitten in der Stadt. Ein Schäfer ist da und gibt den Kindern Lämmer in die Hand. julakim darf nach der mittelalterlichen Gruppe auch ein paar Lieder geben und erntet wie immer guten Applaus. Rasch sind wir mit Rose, Jula oder war es Michael Jackson der fuhr, wieder zu hause – juhu es war ein Fest. Im Urlaub wird nun noch mehr getrampt, das ist viel spannender und aufregender als Allinklusive Urlaub. Ein Dank an alle Tramp-aktiven, die uns unterstützten. Und außerdem ist es nachhaltiger!
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WorldWideBlanket – nachhaltig leben.
Das nachhaltige Konzeptionsteam besteht aus Pädagogin Birgit Becker, Architektin Jula-Kim Sieber und Bio-Ingenieur Klemens Gieles. Denn Vielfalt hat Nachhalt!
2015 wollen wir in Berlin alle Bettlaken zusammennähen!
www.WorldWideBlanket.org
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